Unternehmen aus allen Branchen digitalisieren sich. Die Corona-Pandemie wirkt zum einen wie ein Brennglas auf die fehlende Digitalisierung deutscher Unternehmen, zum anderen wird sie zum Treiber und lässt neue Dienstleistungen und digitale Produkte entstehen. Die Digitalisierung fordert Unternehmen in allen Bereichen. Wie gut, dass gerade jetzt der Ruf nach einer digitalen Verantwortung lauter wird und Unternehmen sich dieser Verantwortung annehmen wollen.
Mit dem Framework Building Bloxx des BVDW, das auf der diesjährigen dmexco @home vorgestellt wurde, will der BVDW seit August 2020 sukzessive Fragen erörtern und mögliche Antworten gegeben, die Unternehmen bei der Gestaltung einer CDR-Strategie unterstützen. Der BVDW beschreibt CDR als ein Managementkonzept, bei dem Unternehmen, soziale und ökologische Belange in ihre Geschäftstätigkeit und in die Interaktionen mit ihren Stakeholdern (insbesondere im Rahmen des digitalen Wandels) integrieren. Vor dem Hintergrund und in Anbetracht der rasant wachsenden Relevanz von CDR ist es laut BVDW notwendig geworden, „ein einheitliches Verständnis von CDR zu entwickeln“. Der BVDW weiter: Es wird ein strukturierter und kommunizierbarer Rahmen benötigt – ein CDR- Framework. … Die CDR Building Bloxx bilden die Grundlage für ein einheitliches Verständnis von CDR in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft. Sie bieten ein Framework aus der Praxis für die Praxis. Das Ziel des Frameworks ist es, Orientierung zu geben, und ihre Anwendung zur Vereinheitlichung von CDR-Umsetzungen sowie zur Etablierung anerkannter CDR-Standards zu überführen, (s. CDR-Publikation).
Der BVDW springt mit seiner Initiative auf einen bereits rollenden Zug auf. Bereits im Jahr 2018 wurden erste Initiativen zu CDR gestartet, u.a. beim Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Weitere Initiativen kommen von B.A.U.M. e.V. mit dem Namen nachhaltig digital, ein weiterer Anstoß ist auf dem Digitalgipfel entstanden, siehe hierzu auch ein Beitrag im Blog der dmexco.
Die Building Bloxx im einzelnen beziehen sich auf die Felder Digital Wellbeing, Nachhaltigkeit und Resilienz, Faire Kommunikation, Ethisches Design digitaler Produkte, Zukunft der Arbeit, Daten, Privacy und Security, Responsible Innovation sowie Künstliche Intelligenz. Die Mitarbeit der BVDW-Mitglieder ist ausdrücklich erwünscht, nur gemeinsam kann CDR nach vorne getragen werden.
Von CSR zu CDR
Wer sich zudem intensiv mit dem Thema beschäftigt ist die Bertelsmann Stiftung. Sie hat erst kürzlich ein umfassendes Kompendium mit 48 Beiträgen zum Thema herausgegeben, das kostenlos zum Download angeboten wird. In dem über 300 Seiten starken Werk finden sich Beiträge von 83 Autoren, die alle ihre Gedanken zu CDR aufgeschrieben haben. Das Buch bietet Einblicke in theoretische Grundlagen und gibt Hinweise zur praktischen Umsetzung der digitalen Transformation in Unternehmen, den Chancen und Risiken, die sich im Umgang mit Daten und Künstlicher Intelligenz, der digitalen Arbeitswelt sowie der Umsetzung von Nachhaltigkeit ergeben. Bei der Suche nach Antworten stützen sich die Autoren auch auf die vielfältige Erfahrungen aus der Debatte über CSR (Corporate Social Responsibility). Als im Jahr 2004 über CSR diskutiert wurde, bestand ebenfalls weitgehende Unklarheit darüber, welche Handlungsfelder der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen zuzurechnen sind und welche nicht.
Kommunikation ist wichtig
Als Kommunikatorin für Tech-Unternehmen und Startups aus dem digitalen Business ist die aktuelle Diskussion wertvoll für meine Arbeit. Nachdem ich mich viele Jahre auch mit dem Thema CSR beschäftigt habe, stellt CDR für mich ein perfekter Übergang des Themas Nachhaltigkeit in die Tech-Welt dar.
Wenn digitale Unternehmen heute kommunizieren gilt ab sofort, auch die digitale Verantwortung mit Leben zu füllen, ganz gleich, ob bereits aktiv Schritte in den einzelnen Feldern unternommen wurden oder ob die Themen noch auf einer grünen Wiese liegen. Die Beschäftigung mit CDR ist wichtig, das Thema gehört auf jede Kommunikationsagenda und in jede Abteilung. Über Kommunikation können Stakeholder, Medienvertreter und Partner erste Hinweise auf mögliche Maßnahmen im Unternehmen erhalten, selbst Überlegungen einbringen und bei der Implementierung helfen.
Kommunikation first
Kommunikation ist immer ein Weg, und darüber hinaus äußerst effektiv, um andere Gruppen in einen Prozess einzubinden. Ich würde mir wünschen, dass das Thema CDR eine weitaus schnellere Beachtung erfährt, als Anfang der 2000er Jahre das Thema CSR. Es war ein mühsamer Kampf und es dauerte lange, bis die ersten CSR-Berichte erschienen sind. Laut dem CSR-RUG, dem CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz, wurden große Unternehmen von öffentlichem Interesse in Deutschland ab dem Geschäftsjahr 2017 erstmalig dazu verpflichtet, Informationen zu Arbeitnehmer-, Sozial- und Umweltbelangen, zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung zu veröffentlichen. Wenn man bedenkt, dass die internationale ISO Normen zu gesellschaftlicher Verantwortung (Social Responsibility) in den Jahren zwischen 2004 und 2010 entwickelt wurden, zeigt sich, dass die Mühlen leider viel zu langsam mahlen. Für CDR muss eine kürzere Zeit in der Umsetzung anvisiert werden. Der BVDW will laut eigener Aussage bis zum Jahr 2021* das Framework in einer ersten Version ausgearbeitet haben. Bis 2025 rechnet der BVDW mit einer Etablierung von CDR im Markt. Auch die Managementberatungsgesellschaften sind aktiv und man kann nur hoffen, dass auf der Grundlage von CSR die Entwicklung eines Frameworks für die digitale Verantwortlichkeit von Unternehmen schneller voran geht. Ob dann eine Pflicht zur Berichterstattung folgt, ist aber meines Wissens noch vollkommen offen**.
*In einer ersten Version des Beitrags habe ich noch von einer Veröffentlichung bis 2025 geschrieben, anstatt 2021. Diese Angabe wurde im Beitrag korrigiert. Die Etablierung soll bis 2025 stattfinden, die erste Version soll bis 2021 vorliegen.
**Der BVDW rechnet eventuell auch mit einer Berichterstattungspflicht, wie mir mitgeteilt wurde.